Reiterlebnis am anderen Ende der Welt

Auf meiner Reise nach Neuseeland und Australien hatte ich neben wandern, schwimmen und ein paar anderen „Must Do’s“, wie den Glowworm Caves, Hobbiton, den Redwood Forrests oder der Great Ocean Road, auch den Besuch bei (Pferde-)Freunden eingeplant und war schon sehr gespannt auf die Pferdehaltung und das Reiterlebnis am anderen Ende der Welt.

Ein Besuch bei meiner Freundin Hannah und ihren Clydesdales an der Ostküste der Nordinsel Neuseelands, ein Ausritt durch die berühmten neuseeländischen Hügel im Landesinneren und ein Abstecher zu meiner Freundin Andrea und ihrer buntgemischten Pferdeherde im Südosten Australiens waren unbeschreiblich interessant und ein außergewöhnliches Erlebnis.

Was ich beim ersten Mal noch mit Unglauben bestaunt hatte, zog sich wie ein roter Faden durch all meine Pferdebegegnungen Down Under: Einen Stall braucht hier im Grunde niemand und wer  nicht gerade hochdotierte Turnierpferde trainiert, hat auch keinen. Die Pferde verbringen ihre Zeit auf weitläufigen und eher kargen Wiesen, Schutz vor Sonne und Regen bieten ein paar Bäume. Einen Wasserbehälter füllen und gelegentlich ein bisschen Heu zufüttern ist alles, was hier an täglicher Stallarbeit anfällt. Ein Traum, oder? Man stelle sich das einmal vor, als europäischer Pferdehalter, der man jeden Tag mehrmals füttern, aus- bzw. abmisten, Zäune versetzen, Futter und Einstreu beschaffen und vieles mehr erledigen muss (oder jemanden dafür bezahlen…), damit das Pferd ein halbwegs artgerechtes, gesundes Leben führen kann. Dazu sei auch erwähnt, dass mir auf meiner ganzen Reise kaum ein übergewichtiges Pferd untergekommen ist. Relativ energiearmes Futter, das sich pferd auf großer Fläche selbst suchen muss, dazu Wind, Wetter und ein bisschen Arbeit – all das scheint ihnen nicht zu schaden.

Was bei uns Heugabel und Schubkarre ist – eine Notwendigkeit in der Pferdehaltung – ist am anderen Ende der Welt das Quadbike. Egal ob man schnell nach seinen Pferden sehen will, ihnen Wasser bringen muss oder das Sattelzeug transportiert, der Helfer auf vier Rädern ist unverzichtbar bei den großen Distanzen. Ähnlich skurril verhält es sich beim Reiten. Wer einen Reitplatz benützen oder gar Reitunterricht nehmen möchte, muss oft lange Strecken fahren. Hänger und Zugfahrzeug gehören daher ebenso zur Grundausstattung des Pferdebesitzers wie das Quadbike. Andererseits können nicht wenige Reiter einen mehrstündigen Ausritt machen, ohne das eigene Land überhaupt zu verlassen. Wegerecht, Mist absammeln und Verhaltensregeln gegenüber Fußgängern spielen hier kaum eine Rolle. Land gibt es mehr als genug und man trifft eher ein paar Schafe oder Kühe, als einen Menschen.

Solche Voraussetzungen machen das Reiten auf durchwegs gut ausgebildeten Pferden natürlich zum Abenteuer für jemanden, der aus der gut besiedelten und oft eingeschränkten Tiroler Bergwelt kommt. Querfeldein über Hügelkuppen reiten, die Weite und Schönheit der neuseeländischen Landschaft bestaunen, weit und breit keine Straße oder Menschenseele in Sicht. Genauso faszinierend war der Ausritt im australischen Victoria, durch eine Allee von Gummibäumen, vorbei an Windrädern und Steinfeldern. Den Kopf in den Nacken gelegt um auch ja keinen Koala in den Ästen über sich zu verpassen und immer ein Auge auf dem Weg um sich vor ungewünschten Begegnungen zu schützen. Auch wenn in Australien etwas mehr Vorsicht geboten ist, einem jederzeit ein Känguru über den Weg springen oder sich eine, mitunter hochgiftige, Schlange aus dem Gebüsch schlängeln kann, sind Natur und Landschaft nicht weniger beeindruckend.

Ob Neuseeland oder Australien (obwohl die „Kiwis und Aussies“ gegen diese Verallgemeinerung protestieren würden), alles scheint hier entspannt und ein bisschen sorgloser zu sein als im altehrwürdigen Europa. Egal wem man begegnet, die Menschen sind freundlich und hilfsbereit. Und es gibt kaum eine bessere Möglichkeit, sich mit dem sagenumwobenen, so ursprünglichen Land zu verbinden, als es hoch zu Ross zu durchstreifen.

 

Diesen Artikel findet ihr übrigens auch HIER auf der sehr empfehlenswerten Pferdeplattform propferd.at.